Europaweit einzigartiges Mentoring-Programm

Mit der Saison 2024/25 starten die Elite-Referees in ein neuartiges Coaching-Modell

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Unter der Leitung von UEFA-Beobachter Stefan Meßner wurde im Frühjahr 2024 ein neues Mentoring-Programm ausgearbeitet. Zusammen mit Ali Hofmann (Head of Referee Department), Viktor Kassai (Technical Director) und Thomas Einwaller (Leiter Beobachterwesen) ist es gelungen, ein Konzept zu entwerfen, welches in Europa einzigartig ist. Insgesamt nehmen 14 österreichische Schiedsrichter der Elite am Mentoring teil, welche von vier österreichischen UEFA-Beobachtern, sechs Elite-Beobachtern und vier internationalen UEFA-Beobachtern gecoacht werden.

Ziel ist es, "allen Mentees die Chance zu geben, zusätzlich zur Arbeit mit dem Staff Spitzensport permanent von einer Person individuell begleitet zu werden und die teilweise noch fehlende Rechtleitung der jungen Referees zu erlangen“, verkündete Ali Hofmann in einer Pressekonferenz vor Saisonbeginn. Darüber hinaus soll das Mentoring-Programm auch zusätzliche Schwerpunkte liefern. Dazu zählen unter anderem die Spielregeln, die Stärkung der Persönlichkeit, die körperliche Fitness, das Stellungsspiel, Vorteilsituationen oder auch das Bewusstsein dafür, wie ein Spiel gelesen wird.

Die Erwartungen an die Neuschaffung sind groß. Julian Schnur, der im Sommer 2024 in die Elite aufgestiegen ist, verrät: "Als 'Neuling' erwarte ich mir zu Beginn, dass mir hierdurch die ersten Steps im Elitebereich erleichtert und bestehende ‚Kinderkrankheiten‘ schnellstmöglich abgestellt werden. Im Verlauf des Jahres soll in allen Bereichen gearbeitet werden, um sich ständig weiterzuentwickeln und sportlich auf ein neues Level zu kommen."

Auch Stefan Macanovic, der ebenfalls seit der Saison 2024/25 zur Elite zählt, geht mit großen Erwartungen in sein erstes Elite-Jahr: "Im Fokus der Zusammenarbeit im Mentoring-Programm steht vor allem meine persönliche Weiterentwicklung als Schiedsrichter. Langfristig ist es mein Ziel, meine Leistung und meine Persönlichkeit auf dem Feld kontinuierlich zu verbessern."

Die Einteilung und deren Einzigartigkeit

Doch was macht diese Einführung nun so einzigartig? Die Mentees werden in vier Gruppen eingeteilt. In der ersten Gruppe befinden sich die FIFA-Schiedsrichter, welche von internationalen Beobachtern betreut werden. In den Gruppen zwei und drei befinden sich einerseits junge, aufstrebende Bundesligareferees und andererseits die Aufsteiger in die ADMIRAL 2. Liga. Beide Gruppen werden von ausgewählten Beobachtern Österreichs unterstützt. Die vierte Gruppe besteht aus Förderkaderschiedsrichtern, die am Sprung in die Elite sind. Diesen stehen erfahrene Elite Referees zur Seite.

Mit der Bereitstellung von internationalen Mentoren ist Österreich das erste Land, welches seinen FIFA-Schiedsrichtern unabhängig von UEFA-Programmen die Zusammenarbeit mit Größen aus dem europäischen Schiedsrichterwesen ermöglicht. Dieses Angebot dürfen Christian-Petru Ciochirca, Stefan Ebner, Sebastian Gishamer und Julian Weinberger in Anspruch nehmen. 

"Wir haben gesagt, wir wollen unseren FIFA-Schiedsrichtern keine eigenen Mentoren aus dem eigenen Land zur Verfügung stellen, auch wenn diese die Expertise hätten. Das haben die anderen Länder in Europa nicht, wodurch das österreichische Schiedsrichterwesen als Vorzeigeprojekt agieren darf“, freut sich Hofmann.

Der oberösterreichische FIFA-Referee Stefan Ebner hatte dank der UEFA bereits zwei Mal die Möglichkeit, mit einem europäischen Mentor zu arbeiten. Er berichtet von seinen Erfahrungen: "Man hat in kurzer Zeit gemerkt, dass das ein sich in eine positive Richtung entwickelnder Prozess ist. Ich glaube, auf dem Level, wo wir uns bewegen, ist es entscheidend, an Details und Feinheiten zu arbeiten und da immer wieder etwas zu adaptieren und zu verbessern."

Dass es nun auch in Österreich die Möglichkeit gibt, mit internationalen Mentoren zu arbeiten, sieht der Oberösterreicher äußerst positiv: "Ich bin überaus dankbar, dass der ÖFB das ermöglicht, wieder einen erfahrenen Mentor zu bekommen. Das ist nicht selbstverständlich."

Der Ablauf des Mentoring-Programms

Mit Ausnahme von Förderkaderschiedsrichter in der Endauswahl läuft die Betreuung eines Mentees über eine ganze Saison. Zumindest einmal in zwei Monaten wird der Mentor von Beobachtungschef Thomas Einwaller als Beobachter bei einem Spiel seines Mentees eingeteilt, der hier mit Projektleiter Stefan Meßner im engen Austausch ist. Kontakt zwischen dem Mentor und seinem Mentee gibt es allerdings vor und nach jedem Spiel. Denn da steht einerseits eine Vorbesprechung als Vorbereitung auf den Einsatz am Programm und andererseits im Anschluss an die Begegnung ein Videostudium samt Nachbesprechung einiger interessanter Szenen an.

Auch die Qualitätssicherung und Weiterentwicklung ist ein großes Thema. Sowohl der Mentor als auch der Mentee müssen nach jedem Spiel ein Feedbacksheet ausfüllen, welches an Stefan Meßner weitergeleitet wird. Dieses Sheet soll eine Zusammenfassung des Mentees mit maximal sieben Spielszenen beinhalten und im Anschluss daran vom Mentor mit verbesserungswürdigen Punkten beantwortet werden. Zusätzlich hat der Mentor Zugang zu allen Beobachtungsberichten des Mentees. So sollen eingeschlichene Fehler kontinuierlich kontrolliert und abgestellt werden.

"Auf diese Art und Weise versuchen wir, eine Linie hineinzubringen und werden im Laufe des Herbstes evaluieren, welche Dinge wir noch verbessern können. Wenn sich Kleinigkeiten häufen, müssen wir aktiv werden. Ein Beispiel hierfür wäre, dass ein Schiedsrichter in drei aufeinanderfolgenden Spielen eine Gelbe Karte in den Rücken eines Spieles präsentiert. Parallel dazu bin ich im ständigen Austausch mit allen Mentoren und Mentees", gewährt der Programmleiter Einblicke.

Das Mentoring-Programm erfordert somit eine hohe Bereitschaft beider Seiten. Ebner spricht in diesem Zusammenhang einen wichtigen Punkt an, welcher die Basis für eine gute Weiterentwicklung ist: "Das Mentoring funktioniert immer nur, wenn man es als Schiedsrichter annimmt. Dafür bin ich bereit und möchte mich auf die Möglichkeit, das Maximum aus der Zusammenarbeit herauszuholen."  

Die ersten Erfahrungen

Seit rund einem Monat arbeiten die beiden Eliteneulinge Julian Schnur (Steiermark) und Stefan Macanovic (Vorarlberg) mit ihren Mentoren zusammen. Dem steirischen Referee steht Herbert Kellner als Mentor zur Seite, während Macanovic mit Rudolf Gruber zusammenarbeitet.

"Der erste Eindruck des Mentoring-Programms ist durchwegs positiv. Es wird mit hoher Professionalität und großem Engagement gearbeitet. So war mein Mentor nicht nur bei meinem Debüt in der ADMIRAL 2. Liga als Beobachter dabei, sondern begleitete mich bereits in der Vorbereitung bei einem internationalen Testspiel", spricht Schnur über die ersten Wochen der Zusammenarbeit. Die Handschrift von Meßners Idee der Umsetzung ist somit bereits zu erkennen.

Auch Macanovic bestägt das: "Vor jedem Spiel führen wir Telefonate, um die Vorbereitung auf die bevorstehenden Aufgaben sorgfältig zu besprechen. Nach den Spielen analysieren wir gemeinsam entscheidende Szenen und besprechen diese ausführlich, was mir hilft, meine Entscheidungen kritisch zu reflektieren und stetig zu verbessern. Darüber hinaus war er auch als Beobachter bei meinem Debütspiel in der ADMIRAL 2. Liga anwesend, wodurch er einen weiteren Eindruck von mir gewinnen konnte."

Seinen Mentor kennt der Vorarlberger bereits aus dem Förderkader, "was eine solide Basis für unsere positive, produktive Zusammenarbeit schafft. Seine Erfahrung ist für mich eine große Bereicherung, und ich bin dankbar für die kontinuierliche Unterstützung in meiner Entwicklung als Schiedsrichter. Die besondere Beziehung zu meinem Mentor soll dabei helfen, meine persönlichen Stärken und Schwächen besser zu erkennen, sodass ich weiterhin gezielt an den Bereichen mit Entwicklungspotenzial arbeiten kann."

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